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Frühe Neuzeit
1486–1519 Maximilian I.
1517–1618 Reformation und
Gegenreformation
1618–1648 Dreißigjähriger
Krieg
1648–1789 Absolutismus
Das 19. Jahrhundert
1789–1814
Französische Revolution und „Befreiungskriege“
1814–1848 Restauration und
Vormärz
1848-1849 Revolution
1849–1871 Reaktionsära
und Norddeutscher Bund
1871–1918 Kaiserreich und Erster Weltkrieg
Das 20. Jahrhundert
1919–1933 Weimarer Republik
1933–1945 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
1945–1949 Besatzungszeit
1949–1990 Bundesrepublik Deutschland und Deutsche
Demokratische Republik
seit 1990 Bundesrepublik Deutschland
Frühe Neuzeit
Maximilian I.
(1486–1519)
Maximilian I. erwarb durch Heirat das Herzogtum
Burgund, zu dem die reichen Niederlande gehörten,
für sein Haus und behauptete es im Krieg gegen
Frankreich. Sein Enkel Philipp I. der Schöne wurde
mit der Erbin des spanischen Weltreiches vermählt.
Maximilian war wegen der Türkenkriege auf die
Unterstützung der Reichsstände angewiesen. 1495
wurde auf dem Wormser Reichstag eine Reichsreform
beschlossen. Maximilian nahm 1508 ohne päpstliche
Krönung den Kaisertitel an. Er beendete damit für
alle Zeiten die Wallfahrten Deutscher Könige zur
Kaiserkrönung nach Rom. Grund waren verschiedene
schwelende Konflikte mit Frankreich und Venedig,
dessen Truppen viele Alpenpässe versperrt hatten.
Durch seine Heiratspolitik kamen neben der
spanischen Krone auch Böhmen und Ungarn von den
Jagiellonen zum Herrschaftsbereich der Habsburger.
Reformation und
Gegenreformation (1517–1618)
Mit der Publikation seiner 95 Thesen gegen den
Ablasshandel durch Martin Luther setzte 1517 die
Reformation ein.
1519 wurde der Habsburger Karl V. König. Unter ihm
stieg Habsburg zur Weltmacht auf. Außenpolitisch war
er in ständige Kriege zur Abwehr der Osmanen sowie
gegen Frankreich und den Papst verwickelt. Dadurch
war seine Stellung im Reich selbst schwach und er
konnte die Ausbreitung der Reformation nicht
verhindern.
In den Jahren 1522 bis 1526 wurde in etlichen
Ländern und Städten des Reichs die Lehre Luthers
eingeführt. Die Reformation wurde somit vom
Landesherrn durchgeführt, der auch zum Landesbischof
wurde. Der Bruder des Kaisers, Ferdinand, wollte die
Duldung der Lutheraner aufheben. Dagegen
protestierten die evangelischen Landesfürsten. Daher
leitet sich seit dem die Bezeichnung Protestanten
für Anhänger der evangelischen Glaubensrichtung ab..
Die schlechte Lage der Bauern hatte schon im 15.
Jahrhundert zu regionalen Aufständen der Bauern
geführt, während der Reformationszeit kam es 1524–26
zu einem Bauernkrieg. 1525 wurde ein Bauernheer
unter Führung von Thomas Münzer bei Frankenhausen
vernichtet.
Im Schmalkaldischen Krieg von 1546/47 kam es
erstmals zum Kampf der Katholiken unter Führung des
Kaisers gegen die Protestanten. Der Kaiser gewann
den Krieg, konnte aber das Augsburger Interim nicht
durchsetzen.
Als sich die Fürsten über die Religionsgrenzen
hinweg gegen ihn erhoben, verzichtete Karl V. 1556
zugunsten seines Sohnes Philipp II. auf Spanien und
machte seinen Bruder Ferdinand zu seinem Nachfolger
im Reich. Der neue König hatte bereits 1555 den
Augsburger Religionsfrieden ausgehandelt.
Unter dem Eindruck der Reformation begann die
katholische Kirche eine innere Reform. Zudem setzte
die Gegenreformation ein. Diese bestand zum einen in
der Verfolgung von Zweiflern an der offiziellen
päpstlichen Lehre durch die Inquisition, zum anderen
entstanden neue Orden, von denen die Jesuiten eine
führende Rolle bei der Rekatholisierung erlangten.
Dennoch war die Religionspolitik von Ferdinands Sohn
und Nachfolger Maximilian II. vergleichsweise
tolerant, während in Frankreich zur selben Zeit
Religionskriege wüteten. Maximilians Sohn Rudolf II.
zog sich dagegen in seiner Residenz Prag immer mehr
aus der Wirklichkeit zurück, so dass die religiösen
Konflikte weiter anschwollen. Es kam zum Kölner
Krieg, als der dortige Erzbischof zum
Protestantismus übertrat, und in den zum Reich
gehörenden Niederlanden verschärfte sich der
Widerstand gegen das streng katholische Regiment der
spanischen Habsburger.
Die protestantischen Fürsten schlossen sich 1608
unter Führung Friedrichs von der Pfalz zur Union
zusammen. Entsprechend schlossen sich die
katholischen Fürsten 1609 unter Führung des
Bayernherzogs Maximilian zur Liga zusammen.
NACH OBEN
Dreißigjähriger
Krieg (1618–1648)
Nachdem Kaiser Rudolf II. die Regierungsgeschäfte an
seinen Bruder Matthias abgetreten hatte, schränkt
dieser die den Protestanten gewährten Rechte wieder
ein. 1618 kam es deshalb zum Prager Fenstersturz,
bei dem zwei kaiserliche Räte von böhmischen
Standesvertretern in der Prager Burg zum Fenster
hinausgeworfen wurden.
Nach dem Tod des Kaisers wurde der Führer der Union,
Friedrich von der Pfalz, 1619 zum König von Böhmen
erklärt. Der neue Kaiser Ferdinand II. zog mit dem
Heer der katholischen Liga nach Böhmen. In der
Schlacht am Weißen Berge 1620 wurde das böhmische
Heer besiegt. Nach der Flucht Friedrichs besetzte
Tilly die Pfalz und die Oberpfalz. Der Bayernherzog
bekam die Pfälzer Kurfürstenwürde.
Der Dänenkönig Christian IV. rückte 1625 mit seinem
Heer in Norddeutschland ein. Er wurde aber vom
kaiserlichen Heer unter Tilly und dem böhmischen
Adligen Wallenstein besiegt. Pommern, Jütland und
Mecklenburg wurden vom katholischen Heer besetzt.
Nach dem Ende des dänischen Krieges erließ der
Kaiser 1629 das Restitutionsedikt. Besorgt wegen
seiner erheblich gestiegenen Machtfülle erreichten
die Reichsstände auf dem Regensburger Kurfürstentag
1630 die Absetzung seines Feldherrn Wallenstein.
Nun griff der Schwedenkönig Gustav II. Adolf ins
Kriegsgeschehen ein. Bei Rain am Lech fiel 1632
Tilly. Der Kaiser setzte daraufhin Wallenstein
wieder ein. Bei der Schlacht von Lützen 1632 fiel
der Schwedenkönig.
Wallenstein wurde 1634 erneut abgesetzt und bald
darauf ermordet. Um die Schweden vom deutschen Boden
zu vertreiben, schloss der Kaiser mit dem
protestantischen sächsischen Kurfürsten einen
Sonderfrieden, den Frieden von Prag, 1635.
Das katholische Frankreich griff 1635 auf
schwedischer Seite ein, jedoch konnte keine der
beiden Seiten den Krieg für sich entscheiden. Große
Teile des Reiches wurden verwüstet. Der
Vorkriegsstand der Bevölkerung wurde erst wieder um
1750 erreicht. Der neue Kaiser Ferdinand III.
bemühte sich bereits seit 1637 verstärkt um
Friedensverhandlungen, aber Deutschland war längst
zum Spielball fremder Mächte geworden, wodurch sich
das Leid der Bevölkerung weiter verlängerte. Die
seit 1642 laufenden Verhandlungen führten am 24.
Oktober 1648 zum Westfälischen Frieden.
Der Friedensschluss beinhaltete eine Abtretung von
Teilen Lothringens und des Elsass' an Frankreich.
Die Niederlande und die Schweiz schieden offiziell
aus dem Reich aus. Die Stellung der Reichsstände und
der Territorien wurde gestärkt und der Augsburger
Religionsfriede bestätigt. Bei einem
Konfessionswechsel des Landesherrn wurde nicht mehr
von der Bevölkerung dasselbe verlangt. Die Macht des
Kaisers wurde noch weiter eingeschränkt, seine
Durchsetzungskraft beruhte in der Zukunft nur noch
auf der Stellung seiner Dynastie.
Das Heilige Römische Reich zerfiel in 382 souveräne
und halbsouveräne Territorien. Dieses Reichsgebilde
wurde vom zeitgenössischen Staatsrechtler Samuel
Pufendorf als „Monstrum“ oder „durch göttliche
Fügung bewahrtes Unding“ bezeichnet. Pufendorf
verwendete aber auch als einer der ersten den
Ausdruck „Deutschland“.
Absolutismus
(1648–1789)
Die Zerstörungen und Bevölkerungsverluste des
Dreißigjährigen Kriegs förderten die Entwicklung
staatlich gelenkter Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Verbunden mit der merkantilistischen Wirtschaftsform
war das Entstehen der absolutistischen
Herrschaftsform nach Vorbild des französischen
Königs Ludwig XIV.
Unter Kurfürst Friedrich Wilhelm begann seit 1640
der Aufstieg Preußens. Der nachfolgende Kurfürst
Friedrich III. ließ sich 1701 zum König Friedrich I.
in Preußen krönen. Die Standeserhebung gelang nur,
da er als Herzog von Preußen über ein Territorium
außerhalb der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches
verfügte, das völlig souverän vom Reich war. Gegen
eine Zahlung von Zwei Millionen Talern und der
Entsendung eines Truppenkontingentes für die
Reichsarmee, stimmte der habsburgische Kaiser
Leopold I. schließlich zu. Der Aufstieg
Brandenburg-Preußens, später einfach nur als
Königreich Preußen bezeichnet, führte zum Dualismus
mit Österreich, der Deutschlands Innenpolitk bis
1866 bestimmen sollte.
Unter dem Habsburger Kaiser Leopold I. war das Reich
der zweifachen Bedrohung durch die Osmanen und den
Expansionsdrang Frankreichs unter Ludwig XIV.
ausgesetzt. 1683 konnte der Kaiser mit Unterstützung
einiger deutschen Fürsten und des Polenkönigs Jan
III Sobieski, der die Schlacht am Kahlenberg bei
Wien gegen Kara Mustafa gewann, die Türken vor Wien
schlagen und aus Ungarn vertreiben.
Dadurch wurde aber ein Krieg gegen Frankreich
verhindert, zu dem schon gerufen werden sollte.
Frankreich hatte sich – die außenpolitsche
Gelegenheit nutzend – unter Ausschluss der
verfassungsgemäßen Gegebenheiten die freie
Reichsstadt Straßburg und andere elsässische Gebiete
in sein Terrotorium einverleibt, obwohl diese
Gebiete Reichsstände waren.
Durch die Wahl des sächsischen Kurfürsten Friedrich
August I. 1697 zum König von Polen kam es bis 1763
zu einer Personalunion von Sachsen und Polen, die
durch den Großen Nordischen Krieg und den Polnischen
Thronfolgekrieg unterbrochen wurde. Ebenso gab es
von 1714 bis 1837 eine Personalunion von Hannover
und England.
Das Aussterben der spanischen Habsburger löste 1701
den Spanischen Erbfolgekrieg aus, der mit dem Tod
von Joseph I. eine für Habsburg ungünstige Wende
nahm, allerdings auch die Kräfte Frankreichs
erschütterte. Das österreichische Haus Habsburg war
unter Leopold I. und Joseph I. dennoch zur
europäischen Großmacht geworden.
Das Aussterben der österreichischen Habsburger im
Mannesstamm mit Kaiser Karl VI. führte 1740 zum
Österreichischen Erbfolgekrieg. Der Wittelsbacher
Karl VII. wurde zum neuen Kaiser gewählt, Friedrich
II. fiel im habsburgischen Kronland Schlesien ein.
Karls VI. Tochter Maria Theresia konnte die
Kaiserkrone für ihren Gemahl Franz I. zwar mit
britischer Hilfe schließlich gegen preußische
Hegemonialansprüche verteidigen, sie verlor aber im
Siebenjährigen Krieg 1763 Schlesien endgültig an
Preußen.
Schweden verlor durch seine Niederlage im Großen
Nordischen Krieg (1700-1721) gegen Russland,
Dänemark, Sachsen-Polen und Preußen fast alle
Besitzungen im Reich. Durch die drei Teilungen
Polens 1772, 1793 und 1795 konnten Österreich und
Preußen erhebliche Gebietsgewinne verzeichnen.
Die Aufklärung hielt Einzug in Preußen unter
Friedrich den Großen, der nach den Prinzipien des
aufgeklärten Absolutismus herrschte. Auch in
Österreich hielt die Aufklärung unter Kaiser Joseph
II. Einzug. Sie führte jedoch nicht zu Reformen, die
die feudalen Machtverhältnisse erschütterten.
Josephs Bruder und Nachfolger Leopold II. musste
einen Teil der Reformen in den österreichischen
Erblanden wieder zurücknehmen.
NACH OBEN
Das 19. Jahrhundert
Französische Revolution und „Befreiungskriege“
(1789–1814)
In Folge der Französischen Revolution kam es 1791
zum Bündnis von Preußen und Österreich gegen
Frankreich. Nach anfänglichen Erfolgen des
halbherzig geführten Feldzuges geriet die Koalition
nach der Niederlage von Valmy im September 1792 in
die Defensive. Es folgten bis 1809 noch vier weitere
Koalitionskriege gegen Frankreich.
1799 übernahm Napoleon I. in Frankreich die Macht.
Österreich musste die Österreichischen Niederlande
abtreten. Die linksrheinischen Gebiete Deutschlands
fielen nach dem Frieden von Lunéville 1801 ebenfalls
an Frankreich. Als Kompensation für ihre
linksrheinischen Gebietsverluste erhielten die
mittleren deutschen Fürsten 1803 im
Reichsdeputationshauptschluss rechtsrheinische
Gebiete ehemals reichsunmittelbarer Stände und aus
Kirchenbesitz. Außerdem erhob Napoleon Bayern,
Sachsen und Württemberg zu Königreichen. Zudem
erhielten Hessen-Kassel, Baden und Württemberg die
Kurstimme, was eine protestantische Majorität im
Kurverein brachte.
Da er wegen der neuen Mehrheiten unter den
Kurfürsten nicht mehr sicher sein konnte, die
deutsche Kaiserwürde auch weiterhin für das Haus
Habsburg zu sichern, erhob sich der habsburgische
Kaiser Franz II. 1804, er war gleichzeitig Erzherzog
von Österreich, wie Napoleon selbst zum Kaiser von
Österreich. Dieser Vorgang stellt einen
Verfassungsbruch dar, da Österreich als Teilstaat
des Heiligen Römischen Reiches und damit als
Reichsstand nicht völlig souverän war. Das deutsche
Staatsoberhaupt nahm damit offenkundig seinen
eigenen Staat nicht mehr ernst.
1805 unterlag Österreich in der Dreikaiserschlacht
bei Austerlitz. Es musste seine oberitalienischen
Gebiete an das Königreich Italien und Vorarlberg und
Tirol an Bayern abtreten. Als sich 1806 16 deutsche
Fürstenhäuser zum Rheinbund zusammenschlossen, legte
Kaiser Franz II., auch unter dem Druck Napoleons,
die deutsche Kaiserkrone nieder, nachdem er schon
1804 das Kaiserreich Österreich gegründet hatte, um
mit Napoleons Kaiserkrönung gleichzuziehen.
Dies bedeutete das Ende des Heiligen Römischen
Reiches Deutscher Nation, das 842 Jahre Bestand
gehabt hatte. Diese Übergangszeit wurde auch die
Franzosenzeit genannt, in der sich das Bewusstsein
an die geänderten Umstände anpassen musste.
Am 16. Oktober 1806 kam es infolge des vierten
Koalitionskrieges gegen Frankreich zur Niederlage
Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstedt.
Napoleons Truppen rückten daraufhin in Berlin ein.
Im Frieden von Tilsit 1807 verlor Preußen die Hälfte
seines Staatsgebietes, darunter unter anderen die
nach der zweiten und dritten Teilung Polens
erlangten Gebiete (Großpolen, Masowien und Danzig)
an das Großfürstentum Warschau. Preußen blieb nur
auf russische Intervention hin als gedachter
„Pufferstaat“ erhalten. Ebenso musste Österreich die
nach der dritten Teilung Polens besetzten Gebiete an
das Großfürstentum Warschau abtreten. Eine Erhebung
in Tirol (Andreas Hofer) wurde durch Napoleon
niedergeschlagen.
In Preußen kam es aufgrund der verherrenden
Niederlage zwischen 1807 und 1813 zu einer
Reformbewegung (Preußische Reformen) unter Stein und
Hardenberg. Die preußische Armee wurde durch
Scharnhorst und Gneisenau grundlegend reformiert,
ebenso das Bildungswesen von Wilhelm von Humboldt
und weitere Gebiete.
Nach der Niederlage Napoleons im Russlandfeldzug
1812 kam es in Preußen zu Aufständen. Als der
preußische General Yorck von Wartenburg im Dezember
1812 eigenmächtig in der Konvention von Tauroggen
einen Waffenstillstand mit Russland vereinbarte,
verbündeten sich der preußische König auf Druck der
Bevölkerung mit dem Zaren gegen Frankreich.
Nach dem Beitritt Großbritanniens, Schwedens und
Österreichs zum Bündnis wurde Frankreich in der
Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813
entscheidend geschlagen. Die Rheinbundstaaten
wechselten daraufhin auf die Seite der Alliierten.
Die Befreiungskriege gegen Napoleon führten in
Deutschland zu einem neuen Nationalbewusstsein.
Im Frühjahr 1814 zogen die verbündeten Truppen in
Paris ein. Napoleon wurde zur Abdankung gezwungen.
Als er 1815 erneut in Frankreich die Macht an sich
riss, besiegte ihn ein deutsch-britisches Heer in
der Schlacht bei Waterloo am 18. Juni 1815
endgültig.
NACH OBEN
Restauration und
Vormärz (1814–1848)
Auf dem Wiener Kongress kam es unter der Leitung
Metternichs zur Neuordnung Europas. Ziel des Wiener
Kongresses war die dauerhafte Sicherung des Friedens
durch Schaffung eines neuen Gleichgewichts zwischen
den Großmächten, aber auch die Wiederherstellung
(Restauration) des alten politischen Systems. In der
Heiligen Allianz vereinbarten Österreich, Preußen
und Russland, alle revolutionären und
nationalstaatlichen Bewegungen zu bekämpfen.
Preußen erhielt sein Gebiet aus der zweiten
Polnischen Teilung samt Danzig zurück, das
Rheinland, Westfalen und den nördlichen Teil
Sachsens, Österreich behielt das Gebiet aus der
ersten Teilung Polens (Galizien), verzichtete auf
die österreichischen Niederlande und bekam dafür
Venetien, die Lombardei und Gebiete auf dem Balkan.
Frankreich konnte das Elsass behalten. Weiter wurde
der Deutsche Bund ins Leben gerufen, dem 39
souveräne Fürsten, darunter auch die Könige
Großbritanniens, Dänemarks und der Niederlande,
angehörten.
war der Bundestag, der unter österreichischem
Vorsitz in Frankfurt am Main tagte. Die Wünsche der
Bevölkerung nach Schaffung eines einheitlichen
deutschen Nationalstaates wurden von den Fürsten
nicht berücksichtigt.
Nach der Ermordung des Schriftstellers August von
Kotzebue 1819 ließ Metternich in den Karlsbader
Beschlüssen die Burschenschaften und alle anderen
politischen Vereinigungen verbieten und führte eine
umfassende Zensur ein. Letztlich konnte er aber
nicht das weitere Erstarken der deutschen
Nationalbewegung in der Zeit des so genannten
Vormärz verhindern. 1817 versammelten sich
zahlreiche Studenten auf dem Wartburgfest. Bestärkt
durch die Julirevolution in Frankreich fand die
Bewegung im Hambacher Fest vom 27. bis 30. Mai 1832
mit 30.000 Teilnehmern einen neuen Höhepunkt.
Wirtschaftlich wurde Deutschland durch den am 1.
Januar 1834 gegründeten Deutschen Zollverein geeint.
Die einsetzende Industrialisierung und der Bau der
ersten Eisenbahnlinien brachten einen
wirtschaftlichen Aufschwung mit sich.
NACH OBEN
Revolution 1848/1849
Die Februarrevolution 1848 in Frankreich führte in
den deutschen Staaten zur Märzrevolution. In
Österreich kam es zu Straßenkämpfen. Am 13. März
trat Metternich zurück und floh nach Großbritannien.
Kaiser Ferdinand erließ im April 1848 eine
Verfassung und gewährte dem Volk eine bewaffnete
Bürgerwehr. In den von den österreichischen
Habsburgern beherrschten Fürstentümern Ober- und
Mittelitaliens, in Ungarn und den slawischen
Gebieten kam es zu Aufständen, die aber von den
Truppen des Kaisers niedergeschlagen wurden.
Der preußische König Friedrich Wilhelm IV.
gestattete auf Druck der Bevölkerung die
Ausarbeitung einer Verfassung und gestand den
Bürgern Versammlungs- und Pressefreiheit zu.
Kleinere Staaten wie Baden versuchten, Unruhen durch
die Berufung liberaler und nationaler
Regierungsmitglieder vorzubeugen. Dennoch wurden im
weiteren Verlauf der Revolution gerade Sachsen und
Baden zu Zentren radikaldemokratischer Aufstände.
Anfang Mai fanden in allen Staaten Wahlen zu einer
Deutschen Nationalversammlung statt. Diese wurden
jedoch nur in sechs Staaten direkt gewählt. In allen
anderen Staaten wurde ein indirektes Verfahren über
Wahlmänner angewandt.
Im Parlament waren sowohl konservative Monarchisten
als auch Liberale und Republikaner vertreten.
Während Akademiker und das Bildungsbürgertum
dominierten, hatten Arbeiter und Bauern im Parlament
keine Vertreter.
Am 18. Mai kam es zur Bildung einer vorläufigen
Zentralregierung unter der Leitung eines
Reichsverwesers. Die Regierung wurde von den
deutschen Fürsten anerkannt, war wegen fehlender
eigener Armee, Polizei und Beamtenschaft aber
weitgehend machtlos.
Die Nationalversammlung musste nun die Grenzen eines
zukünftigen deutschen Nationalstaates festlegen.
Favorisiert wurde zuerst die so genannte
großdeutsche Lösung. Da Österreich aber nur unter
Einschluss seines gesamten Gebietes dazu bereit war,
entschied man sich für die kleindeutsche Lösung.
Diese sah die Bildung eines deutschen Staates unter
Ausschluss Österreichs vor.
Am 28. März 1849 wurde die sogenannte
Paulskirchenverfassung verabschiedet, die einen
Bundesstaat mit zentraler Regierung unter Leitung
eines erblichen Kaisertums und einem Reichstag als
Legislative vorsah. Die Verfassung bildete eine
Grundlage für die Weimarer Verfassung und das
Grundgesetz. Weiter wurde ein allgemeines Wahlrecht
vereinbart.
Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm IV.
am 2. April die Kaiserkrone ablehnte, zogen die
meisten deutschen Staaten ihre Abgeordneten aus
Frankfurt zurück. Aufstände in Dresden, der Pfalz
und Baden zur Erzwingung der Verfassung wurden
niedergeschlagen.
Eine Minderheit der Abgeordneten widersetzte sich
einer Abberufung und tagte in Stuttgart weiter. Die
letzten Revolutionäre ergaben sich am 23. Juli in
Rastatt. Die Verfassung konnte somit nie in Kraft
treten. Zahlreiche in der Folge politisch Verfolgte
wanderten vor allem nach Amerika aus.
NACH OBEN
Reaktionsära und
Norddeutscher Bund (1849–1871)
In der Folge wurden während der Revolution gemachte
Zugeständnisse rückgängig gemacht. In Österreich
errichtete Schwarzenberg ein neoabsolutistisches
Regime. In anderen Bundesstaaten wie in Preußen
blieben einige Errungenschaften wie die Verfassungen
und die Gewerbefreiheit erhalten.
1850 wurde der Deutsche Bund wiedergegründet.
Gemeinsam wandten sich die Staaten insbesondere mit
koordinierten polizeilichen Maßnahmen während der
Reaktionsära gegen die Opposition. Nach der
Zulassung von politischen Zusammenschlüssen 1860
entstanden in Deutschland neue Parteien und
Gewerkschaften. 1863 gründete Ferdinand Lassalle den
Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, der
schließlich in der bis heute bestehenden
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
aufging.
1859 begann der Preußische Verfassungskonflikt, der
1862 zur Ernennung Otto von Bismarcks zum
preußischen Ministerpräsidenten und zu einer
Stärkung des Königs gegenüber dem Parlament führte.
1864 kam es zum Krieg Preußens und Österreichs gegen
Dänemark. Auslöser war die Annexion Schleswigs durch
Dänemark. Mit Zustimmung der europäischen Großmächte
eroberten beide deutsche Staaten die Herzogtümer
Holstein, das bereits seit dem frühen Mittelalter
zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und
nach 1815 auch zum Deutschen Bund gehört hatte und
lediglich vom dänischen König regiert wurde, und
Schleswig.
Den 1866 folgenden Deutschen Krieg gegen Österreich
konnte Preußen durch seinen Sieg bei Königgrätz für
sich entscheiden. Es annektierte Hannover, Nassau,
Kurhessen, Hessen-Homburg, Schleswig-Holstein und
Frankfurt. Der Deutsche Bund löste sich auf. Darüber
hinaus wurde der Norddeutsche Bund unter Führung
Preußens gegründet. Die Unabhängigkeit Bayerns,
Württembergs und Badens wurde auf Drängen
Frankreichs anerkannt.
Im Anschluss kam es zu Spannungen zwischen
Frankreich und Preußen. Anlass für den
deutsch-französischen Krieg von 1870/71 war die
Kandidatur Leopolds von Hohenzollern auf den
spanischen Königsthron. Napoléon III. provozierte
den Krieg, in dem er Gebiete am Rhein forderte und
Bismarck reagierte mit der Emser Depesche. Nach der
Kriegserklärung durch Frankreich konnte Preußen alle
deutschen Staaten und die übrigen europäischen
Großmächte auf seine Seite ziehen. Das Frankreich
Napoléons III. wurde durch den Sieg bei Sedan zur
Kapitulation gezwungen. In Paris bildete sich
daraufhin eine republikanische Regierung, die die
Forderungen Preußens ablehnte.
Dieses hatte eine Fortsetzung des Krieges zur Folge,
der erst 1871 mit der Kapitulation Frankreichs
endete. Im Frieden von Frankfurt am Main wurde
Frankreich zur Abtretung Elsass-Lothringens und zur
Zahlung einer Kriegsentschädigung verpflichtet.
NACH OBEN
Kaiserreich (1871–1918)
Durch das Zugeständnis der Reservatrechte konnte Bismarck die
süddeutschen Staaten zum Beitritt zum Norddeutschen Bund bewegen.
Die Gründung des dadurch entstandenen Deutschen Reiches wurde am 18.
Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles vollzogen. Der preußische
König erhielt den Titel eines Deutschen Kaisers.
Die Reichsverfassung von 1871 betonte das monarchische Element.
Damit war aber die Zukunft Deutschlands entscheidend vom Geschick
seiner Kaiser abhängig. Preußen verfügte über zwei Drittel der
Landfläche und Bevölkerung und damit über ein Vetorecht bei
Verfassungsänderungen im Bundesrat.
Bismarck verfolgte eine Politik wechselnder Bündnispartner (siehe
auch Tendenzpolitik). Im Rahmen des Kulturkampfes von 1871 bis 1886
gegen die katholische Kirche verbündete Bismarck sich mit den
Liberalen. Wenngleich einige Maßnahmen nach Beendigung des
Kulturkampfes wieder zurückgenommen wurden, blieb zum Beispiel die
Einführung der Zivilehe und die staatliche Aufsicht über das
Schulwesen erhalten.
Einen weiteren Gegner Bismarcks stellten die Sozialisten dar. Die
Stimmung in der Öffentlichkeit nach einem Attentat auf Kaiser
Wilhelm I. nutzte Bismarck 1878 zur Durchsetzung der
Sozialistengesetze. Diese konnten die Verbreitung sozialistischer
Ideen aber nicht verhindern.
Parallel dazu versuchte Bismarck durch eine Sozialgesetzgebung einer
Radikalisierung der Arbeiter entgegenzuwirken. So wurde 1883 eine
Krankenversicherung, 1884 eine Unfallversicherung und 1889 eine
Rentenversicherung eingeführt. Weitergehende Forderungen der
Sozialdemokraten lehnte Bismarck aber ab.
Wirtschaftlich wurde infolge des durch die Reichsgründung
entstandenen einheitlichen Wirtschaftsraums und begünstigt durch die
französischen Zahlungen von Kriegsentschädigung ein rasantes
Wirtschaftswachstum ausgelöst. Dieses mündete aber 1873 in die
Wirtschaftskrise („Gründerkrach“).
Außenpolitisch verfolgte Bismarck eine Politik des Gleichgewichts
der Großmächte. Durch den Aufstieg zur stärksten Großmacht auf dem
Kontinent weckte Deutschland die Ängste seiner Nachbarn. Um
Bündnisse der übrigen Großmächte gegen Deutschland zu verhindern,
baute Bismarck mit diplomatischem Geschick ein Bündnissystem auf,
das auf eine Isolierung Frankreichs hinauslief.
Um die Ängste der übrigen Großmächte zu dämpfen, verzichtete
Bismarck nach der Krieg-in-Sicht-Krise 1875 auf territoriale
Erweiterungen, stellte als Konzession an den Zeitgeist jedoch 1884
die kolonialen Erwerbungen deutscher Kaufleute unter den Schutz des
Reiches. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Kolonien blieb jedoch
gering.
Im Dreikaiserjahr 1888 starb Wilhelm I. und Wilhelm II. folgte
seinem Vater Friedrich III., der todkrank nur 99 Tage regiert hatte.
Als 1890 Wilhelm II. Bismarck als Reichskanzler entließ, folgte eine
Kurswende in der deutschen Außenpolitik. Im Gegensatz zu seinem
zurückhaltenden Vorgänger nahm der neue Kaiser die Außenpolitik
selbst in die Hand (persönliches Regiment). Das führte zunehmend zu
einer Isolation Deutschlands.
Die Innenpolitik war stark vom Strukturwandel und der sozialen Frage
geprägt. Reichskanzler Caprivi (1890–1894) verfolgte einen Kurs
sozialer Reformen. Weitere politische Reformen scheiterten jedoch.
Die Kanzlerschaft von Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst
(1894-1900) brachte zwar innenpolitisch die Verabschiedung des
Bürgerlichen Gesetzbuches, 1896 aber auch eine weitere Verschärfung
des Konfliktes mit der Sozialdemokratie (Zuchthausvorlage),
außenpolitisch den Beginn der imperialistischen deutschen
Weltpolitik bei einer versuchten Wiederannäherung an Russland und
einer Verschlechterung der Beziehungen zu Großbritannien
(Krüger-Depesche, Samoa-Konflikt, Flottenwettrüsten). Der
Selbstherrlichkeit des Kaisers konnte der alte Kanzler kaum etwas
entgegensetzen. Unter dem Nachfolger Bernhard von Bülow (1900-1909),
der die kaiserlichen Ambitionen offen unterstützte, nahm allerdings
durch die „Daily-Telegraph-Affäre“ auch das Ansehen Wilhelms II.
Schaden. Die Beziehungen zu England und Russland verschlechterten
sich weiter. Der nächste Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg
(1909-1917) versuchte einen Ausgleich mit England, konnte jedoch das
Bündnissystem nicht durchbrechen. England hatte sich in
Kolonialfragen mit Frankreich ausgeglichen, die Balkanfrage brachte
Russland an die Seite der beiden Westmächte. Mit dem Deutschen Reich
verbündet blieben Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich.
Erster Weltkrieg
Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am
28. Juni 1914 in Sarajewo löste schließlich den Ersten Weltkrieg
aus. Nicht nur der Einfluss der Politik, auch die Macht des Kaisers
schwand zusehends, faktisch regierte die Oberste Heeresleitung unter
Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff. An der Ostfront siegreich,
verschlechterte sich im Laufe des Stellungskrieges an der Westfont
die Versorgungslage zusehends. Als im Oktober 1918 noch einmal die
Flotte gegen die Royal Navy auslaufen sollte, meuterten die
Matrosen.
Der Matrosenaufstand breitete sich innerhalb weniger Tage über ganz
Deutschland aus und wurde zur Novemberrevolution. Am 9. November
verkündete Reichskanzler Max von Baden die Abdankung des Kaisers.
Wilhelm II. beugte sich dieser Entscheidung und ging ins Exil. Max
von Baden übergab die Regierungsgewalt an Friedrich Ebert. Am
Nachmittag rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Republik
aus.
NACH OBEN
Weimarer Republik (1919–1933)
Am 10. November 1918 bildete sich mit dem Rat der Volksbeauftragten
eine provisorische Regierung. Am 11. November wurden durch einen
Waffenstillstand die Kampfhandlungen eingestellt. Am 16. Dezember
1918 fand in Berlin der sogenannte Reichsrätekongress statt.
Zahlreiche Reformen traten in Kraft, das Frauenwahlrecht und der
Achtstundentag wurden eingeführt. Der Spartakusaufstand im Januar
1919 wurde von Freikorps niedergeschlagen. Die kommunistischen
Anführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden dabei ermordet.
Bis Mitte 1919 wurden auch alle weiteren Versuche, sozialistische
Räterepubliken in Deutschland zu etablieren, von Reichswehr- und
Freikorpsverbänden gewaltsam niedergeschlagen. Zuletzt am 2. Mai
1919 die Münchner Räterepublik.
Am 19. Januar wurde die Nationalversammlung gewählt. Sie trat nicht
im unruhigen Berlin, sondern in Weimar zusammen. Die
Nationalversammlung wählte Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten und
Philipp Scheidemann zum Reichskanzler. Nach der Weimarer Verfassung
war das Deutsche Reich eine parlamentarische Demokratie. Sie sah
allerdings einen starken Reichspräsidenten als Ersatzkaiser vor und
konnte durch eine qualifizierte Mehrheit vollständig geändert
werden.
Am 28. Juni musste Deutschland im Versailler Vertrag zahlreiche
Gebiete abtreten sowie seine Kolonien dem Völkerbund unterstellen.
Die Vereinigung Deutschlands mit Österreich wurde untersagt.
Deutschland und seinen Verbündeten wurde die alleinige Kriegsschuld
gegeben und es wurden Reparationsforderungen gestellt. Das Saarland
war dem Völkerbund unterstellt und das Rheinland entmilitarisierte
Zone. Außerdem gab es massive Beschränkungen für die deutsche Armee.
Das Ausbleiben von demokratischen Reformen in Militär, Justiz und
Verwaltung, der als Schanddiktat empfundene Versailler Vertrag und
die Dolchstoßlegende waren ein schweres Erbe für den neuen deutschen
Staat, der als Republik ohne Republikaner bezeichnet wurde.
1920 kam es zum Kapp-Putsch und zu mehreren politischen Morden. Bei
den Reichstagswahlen gab es große Stimmengewinne für extreme
Parteien. Gemäß dem Versailler Vertrag fanden in einigen
Grenzgebieten Volksabstimmungen über die zukünftige
Gebietszugehörigkeit statt. Schleswig wurde nach zwei
Volksabstimmungen zwischen Dänemark und Deutschland geteilt.
Nordschleswig kam wieder zu Dänemark, Südschleswig blieb bei
Deutschland. Nach einer Volksabstimmung vom 11. Juli blieben die
Bezirke Allenstein und Marienwerder bei Preußen. Am 20. September
kamen Eupen und Malmedy (bei Aachen) zu Belgien, nachdem eine
Eintragung der Bewohner in öffentliche Listen eine entsprechende
Mehrheit ergeben hatte.
1921 wurde die Reichswehr geschaffen. Oberschlesien wurde nach einer
z. T. von gewaltsamen Auseinandersetzungen geprägten Volksabstimmung
zwischen Deutschland und Polen geteilt. 1922 begannen Deutschland
und die Sowjetunion diplomatische Beziehungen im Vertrag von Rapallo.
Im Januar 1923 besetzten französische Truppen das Ruhrgebiet, um
ausstehende Reparationsforderungen einzutreiben. Die Reichsregierung
unterstützte den ausbrechenden Ruhrkampf. In den folgenden Monaten
kam es zu einer galoppierenden Inflation, die erst im November durch
eine Währungsreform beendet wurde.
Bayern wurde zum Sammelbecken rechter, konservativer Kräfte. In
diesen Klima vollzog sich der Hitler-Putsch. Adolf Hitler wurde zwar
festgenommen und verurteilt, aber bereits nach wenigen Monaten
wieder freigelassen.
1924 begannen eine Phase der relativen Stabilität. Trotz aller
Konflikte schien die Demokratie zu siegen. Die Neuordnung der
Währung und die im Gefolge des Dawes-Plans gewährten Kredite
leiteten die Goldenen 20er Jahre ein.
Im Februar 1925 starb Friedrich Ebert, als Nachfolger wurde Paul von
Hindenburg gewählt.
Der deutsche Außenminister Gustav Stresemann versuchte gemeinsam mit
Aristide Briand eine Annäherung an Frankreich und eine Revision der
Versailler Vertrags, was sich im Locarnovertrag 1925 und der
Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund 1926 zeigte.
Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 leitete den Anfang vom
Ende der Weimarer Republik ein. Im Sommer 1932 erreicht die
Arbeitslosenzahl die Höhe von sechs Millionen. Ab 1930 wurde
Deutschland von Präsidialkabinetten ohne Rückhalt im Parlament
regiert.
Es kam zu einer Radikalisierung der politischen Lage und zu
Straßenschlachten zwischen der NSDAP und der KPD. 1931 schlossen
sich rechte Kräfte in der Harzburger Front zusammen, die NSDAP wurde
bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 stärkste Kraft. Am 28.
Januar 1933 erklärte der Reichskanzler Kurt von Schleicher seinen
Rücktritt.
NACH OBEN
Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg (1933–1945)
Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg
Adolf Hitler zum Reichskanzler: Dies markierte das Ende der Weimarer
Republik und den Beginn der Diktatur des Nationalsozialismus, der
eine Variante des Faschismus war. Hindenburg löste den Reichstag auf
und setzte Neuwahlen an. Nach dem Reichstagsbrand am 28. Februar
1933 schränkte eine Notverordnung von Reichspräsident Hindenburg die
Grundrechte ein. Die KPD wurde verboten und viele ihre Mitglieder
verhaftet. Das so genannte Ermächtigungsgesetz gab der Regierung
dazu uneingeschränkte Gesetzgebungsbefugnisse. Danach wurden
innerhalb kurzer Zeit auch die restlichen demokratischen Parteien
verboten, wenn sie sich nicht selber auflösten. Die ersten
Konzentrationslager zur Inhaftierung politischer NS-Gegner, vor
allem von Kommunisten und Sozialdemokraten, entstanden.
In den folgenden Monaten wurden die bisherigen Länder
gleichgeschaltet, ebenso die Presse und die Gewerkschaften. Im April
begann der Boykott jüdischer Geschäfte und die Entfernung jüdischer
Beamter aus dem Staatsdienst. Im Juni/Juli wurden die evangelischen
Landeskirchen in einer Reichskirche unter Leitung eines
Reichsbischofs zusammengeschlossen. Die „Deutschen Christen“
propagierten ein „judenreines“ Evangelium und waren „dem Führer
ergeben“. Als Gegenbewegung bildete sich im September innerhalb der
evangelischen Kirche der Pfarrernotbund, aus dem im Juni 1934 die
Bekennende Kirche hervorging. In ihr sammelten sich evangelische
Christen, die Übergriffe des Staates auf die evangelische Kirche und
zum Teil den Nationalsozialismus als solchen ablehnten (unter
anderem Dietrich Bonhoeffer, Martin Niemöller, Gustav Heinemann).
Mit dem Vatikan schloss Deutschland ein Konkordat, das die Stellung
der katholischen Bischöfe in Deutschland sicherte und de facto
zugleich eine Zurückhaltung der katholischen Kirche mit Kritik am
Nationalsozialismus zusicherte (mit einer Reihe von Ausnahmen, z. B.
Kardinal von Galen).
1934 wurde die Justiz gleichgeschaltet. Durch politische Morde nach
dem angeblichen Röhm-Putsch – so wird der Vorgänger im Amt als
Reichskanzler Kurt von Schleicher mit seiner Frau ermordet –
erstickte Hitler auch jede mögliche Opposition auch innerhalb der
NSDAP und entmachtete die SA zugunsten der Wehrmacht. Er ließ sich
außerdem nach Hindenburgs Tod am 2. August zum „Führer“,
Reichskanzler und obersten Befehlshaber ernennen. Die Reichswehr
wurde nun auf ihn persönlich vereidigt. Auch die Berufsbeamten
mussten einen „Führereid“ ablegen, so dass regimekritische
Akademiker ihre Ämter verloren.
In der folgenden Zeit wurde das gesamte gesellschaftliche Leben von
NS-Organisationen wie Hitler-Jugend, Deutsche Arbeitsfront und KdF
durchdrungen. Maßnahmen wie der Autobahnausbau, die teilweise schon
von Vorgängerregierungen vorbereitet oder begonnen worden waren,
beseitigten die Arbeitslosigkeit. Die Kriegsvorbereitung, für die
der Autobahnbau keine Rolle spielte, sicherte danach den
wirtschaftlichen Aufschwung; zu einer wesentlichen Steigerung des
Lebensstandards kam es aber wegen der Priorität der Aufrüstung
nicht.
1935 wurde das Saarland nach einer Volksabstimmung wieder ins
Deutsche Reich integriert. Auf dem Reichsparteitag wurden die
Nürnberger Rassengesetze beschlossen, die die Ausgrenzung und
Isolierung der Juden begründeten.
1936 marschierte die Reichswehr in das entmilitarisierte Rheinland
ein und brach damit den Versailler Vertrag. Im August fanden in
Berlin die Olympischen Spiele statt, die Hitler als Propagandabühne
für die Weltöffentlichkeit nutzte. Ein Vierjahresplan von 1936
sollte Deutschland bis spätestens 1940 kriegsbereit machen. Das
Regime unterstützte ab 1936 zusammen mit Mussolinis Italien auch
militärisch den faschistischen General Franco im Spanischen
Bürgerkrieg gegen die dortige Republik. Für Hitler bot der spanische
Bürgerkrieg die Gelegenheit, die Einsatzfähigkeit seines Militärs im
Kriegsfall zu testen.
1938 erwirkte Hitler den Anschluss Österreichs und im Münchner
Abkommen den Anschluss des Sudetenlandes an Deutschland. Daraufhin
schloss Stalin mit Hitler den Deutsch-sowjetischen
Nichtangriffspakt. Am 9. November inszenierten die Nazis die
Reichspogromnacht und legten in zahlreichen Synagogen Feuer. Als
Zivilpersonen getarnte SA- und SS-Angehörige misshandelten und
ermordeten viele Juden unter den Augen der Polizei, die meist
stillhielt.
Im März 1939 marschierten Hitlers Truppen auch in die so genannte
Resttschechei und das Memelland ein. Ihr Angriff auf Polen am 1.
September 1939 löste dann den Zweiten Weltkrieg aus. Am 3. September
erklärten zunächst Großbritannien und Frankreich Deutschland den
Krieg. Nach dem Sieg der Wehrmacht und der Roten Armee über Polen
wurde dessen Westteil zum deutschen Generalgouvernement erklärt,
während die Sowjetunion den Ostteil des Landes besetzte. So teilten
Hitler und Stalin Polen infolge ihres Paktes untereinander auf.
Nur wenige Monate nach Beginn des Krieges, am 8. November 1939
verübte der Einzelkämpfer Johann Georg Elser ein Bombenattentat auf
Hitler während einer NS-Propagandaveranstaltung im Münchner
Bürgerbräukeller, das aber scheiterte, weil Hitler wenige Minuten
vor der Explosion sofort nach seiner Rede den Saal verließ. Elser
wurde wenig später gefasst, interniert und kurz vor Ende des Krieges
im April 1945 im KZ Dachau ermordet.
Im „Blitzkrieg“ folgten schnelle deutsche Besetzungen von Dänemark,
Norwegen, den Beneluxstaaten und Frankreich 1940. Hitlers
Popularität in der deutschen Bevölkerungsmehrheit war auf ihrem
Höhepunkt. Die geplante Invasion Großbritanniens (Unternehmen
Seelöwe) misslang jedoch, weil die deutsche Luftwaffe in der
Luftschlacht um England trotz intensiver Bombardierung strategischer
Ziele (Flugplätze, Radarstationen, Luftrüstungsindustrie) nicht die
völlige Lufthoheit über Großbritannien erringen konnte und das
Erringen dieser als die wesentliche Voraussetzung für eine
erfolgreiche Invasion der britischen Inseln angesehen wurde.
1940/41 eroberte die Wehrmacht mit den Streitkräften Italiens,
Ungarns und Bulgariens gemeinsam Jugoslawien und Griechenland. Beide
Länder wurden unter den verbündeten Diktaturen aufgeteilt. Ihrer
Eroberung folgte ab 1943 jedoch ein zermürbender Partisanenkrieg.
Mit zur Unterstützung Italiens entsandte Deutschland im Januar 1941
das Afrikakorps in die damalige italienische Kolonie Libyen.
Am 22. Juni überfiel Deutschland die Sowjetunion. In dem als
Blitzkrieg geplanten „Unternehmen Barbarossa“ drangen Wehrmacht und
Waffen-SS bis vor Moskau und Leningrad vor. Im Winter 1941/42 kam
sie jedoch vor Moskau ins Stocken.
Am 11. Dezember 1941 erklärte Deutschland den USA, die
Großbritannien und seit Juli 1941 die UdSSR mit Gütern versorgten,
den Krieg.
Im Verlauf einer neuen Offensive im Osten im Sommer 1942 drangen
Wehrmacht und Waffen-SS bis an den Don und in den Kaukasus vor. Die
Schlacht um Stalingrad im Winter 1942/1943 war einer der Wendepunkte
des Krieges. Bis Ende 1943 hatte die Sowjetunion weite Gebiete
zurückerobert. Am 13. Mai 1943 mussten die Achsenmächte (Deutschland
und Italien) in Nordafrika kapitulieren.
Inzwischen war der Holocaust, der von langer Hand geplante
beispiellose Völkermord an den Juden, im Gang. Schon seit September
1941 mussten Juden den Judenstern tragen. Nach ihrer Entrechtung,
Enteignung, Ghettoisierung und Massenerschießungen an jüdischen
Zivilisten in den eroberten Ostgebieten beschlossen die führenden
Nazis im Januar 1942 auf der Wannseekonferenz die „Endlösung der
Judenfrage“. In extra dazu errichteten Vernichtungslagern („Aktion
Reinhard“) im besetzten Osten Europas wie Auschwitz, Treblinka oder
Majdanek wurde die Ermordung der Juden nun industriell betrieben.
Bis zum Kriegsende wurden etwa 6 Millionen europäische Juden
ermordet, von denen die Juden in Polen mit über 3 Millionen Opfern
den größten Anteil stellten.
Roma und Sinti waren weitere Opfergruppen gezielten Völkermords.
Massenmorde wurden auch an anderen, in der nationalsozialistischen
Ideologie als „Untermenschen“ eingestuften Völkern, insbesondere den
Polen und Russen begangen.
Schon vor dem Völkermord an den Juden in seiner industrialisierten
Form nach der Wannseekonferenz hatten die Nationalsozialisten bei
der sogenannten Aktion T4 im Rahmen ihres „Euthanasieprogramms“, der
„Vernichtung lebensunwerten Lebens“ die Methode der „Vergasung“ von
größeren Menschengruppen in den Jahren zwischen 1939 und 1941
getestet. Diesem „Programm“ waren etwa 100.000 geistig, psychisch
und körperlich behinderte Menschen in mehreren deutschen
Behindertenanstalten zum Opfer gefallen. Der mutige öffentliche
Einsatz des katholischen Bischofs von Münster Clemens August Graf
von Galen gegen die Ermordung der Behinderten hatte schließlich zur
Einstellung des NS-Euthanasieprogramms geführt.
Ab 1939 (Angriff auf Krefeld) begann der Bombenkrieg der Alliierten
auf deutsche Städte, durch den etwa 760.000 Zivilisten ums Leben
kamen. Ab Ende 1944 flohen viele Deutsche aus den Ostgebieten vor
der anrückenden Roten Armee. 1944 konnte diese weite Teile von
Südosteuropa erobern. Am 6. Juni begann die Invasion der westlichen
Alliierten in der Normandie, nachdem sie schon zuvor nach der
Landung auf Sizilien von Süden her Italien eroberten und gegen
Deutschland im Vormarsch waren. Am 20. Juli scheiterte ein Attentat
und ein Putschversuch von Wehrmachtsangehörigen und Mitgliedern der
Widerstandsgruppe des Kreisauer Kreises gegen Hitler.
Auch in anderen Kreisen der Bevölkerung regte sich der Widerstand.
Waren es in den Jahren 1933/1934 noch Aktivisten der verbotenen SPD
und KPD, die mit Flugblättern Zeichen setzten, so opponierten jetzt
Jugendliche und Studenten gegen die nationalsozialistische Führung
und gegen den Krieg. Viele Jugendliche waren der Uniformierung
überdrüssig und hoben sich durch betont englische Kleidung, lässiges
Gehabe oder sowjetrussische Widerstandslieder von den „angepassten“
und „gleichgeschalteten“ Leuten ab. So entstanden beispielsweise
„Die Schlurfs“, die „Proletenmeute“, die „Kittelbachpiraten
Gladbeck“ und die bekannte Gruppe der „Edelweißpiraten“, die mit den
üblichen rigorosen Maßnahmen bekämpft wurden. In mehreren Städten
gab es Jugendkonzentrationslager.
Ende 1944 und Anfang 1945 beschlossen die Alliierten die Aufteilung
Deutschland nach dem Krieg. Nach Beginn ihrer Winteroffensive am 12.
Januar 1945 eroberte die Rote Armee Ostpreußen, Pommern und
Schlesien und holte vielfach die fliehende Zivilbevölkerung ein. Im
April erreichten die sowjetischen Truppen die Reichshauptstadt und
es kam zur Schlacht um Berlin. Hitler tötete sich am 30. April im
Bunker der Reichskanzlei, nachdem er testamentarisch Admiral Karl
Dönitz zu seinem Nachfolger als Reichspräsident und Oberbefehlshaber
der Wehrmacht bestimmt hatte. Neben Hitler töteten sich in der Folge
auch andere führende Funktionäre, so Joseph Goebbels, Heinrich
Himmler. Am 7. Mai 1945 schließlich unterzeichnete Generaloberst
Jodl – von Dönitz hierzu autorisiert – die bedingungslose
Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht, die, durch
Unterzeichnung einer weiteren Kapitulationsurkunde ratifiziert, am
Tag darauf in Kraft trat.
Der Zweite Weltkrieg, den Deutschland in Europa entfesselt hatte,
dauerte in Südostasien, wo der Krieg schon 1937 vom mit Deutschland
im Antikomintern-Pakt verbündeten Japan ausgelöst worden war, noch
bis zum 12. August 1945 an. Er forderte insgesamt etwa 60 Millionen
Tote.
In den letzten Kriegsmonaten und im Anschluss an die Besetzung
wurden die meisten noch verbliebenen Deutschen v. a. im Rahmen der
Westexpansion Polens aus Ost- und Ostmitteleuropa vertrieben,
insgesamt mehr als 12 Millionen Menschen. Infolge der Vertreibungen
wurden ca. 2,1 Millionen Deutsche in den Tod getrieben und Tausende
ermordet.
NACH OBEN
Besatzungszeit (1945–1949)
Im historischen Bewusstsein Europas und der Welt wird der Sieg über
das nationalsozialistische Deutschland bis heute am 8./9. Mai als
Tag der Befreiung gefeiert. In der deutschen Bevölkerung jener Zeit
wurde diese Befreiung je nach politischem Standort allerdings
differenzierter aufgefasst. Für die KZ-Häftlinge, Emigranten und
politisch Verfolgten war es nach zwölf Jahren Tyrannei eine
Befreiung im buchstäblichen Sinn des Wortes. Für die Alliierten,
zumal in Deutschland, war die Befreiung Deutschlands zunächst eher
ein Nebeneffekt. In der Direktive JCS 1067 vom April 1945 stellten
sie fest: „Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke der Befreiung,
sondern als besiegte Feindnation.”
Nach dem Einmarsch der Roten Armee kam es zu einer großen Zahl von
Vergewaltigungen deutscher Frauen. Der angebliche Aufruf der
sowjetischen Propaganda, deutsche Frauen zu vergewaltigen, ist
bereits seit langem widerlegt und soll nachweislich falsch sein
(Gerücht des Reichspropagandaministeriums, November 1944). In der
DDR war das Thema „Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee“ ein
Tabu.
Die Drei Mächte USA, Großbritannien und UdSSR trafen sich im
Juli/August 1945 zur Potsdamer Konferenz. Dort einigten sie sich auf
die Grundsätze Demokratisierung, Entnazifizierung,
Entmilitarisierung, Dezentralisierung. Das Land wurde in vier
Besatzungszonen aufgeteilt. Die deutschen Gebiete östlich der
Oder-Neiße-Linie sowie die Stadt Stettin wurden unter polnische
Verwaltung gestellt; über sie sollte erst im Zuge eines
Friedensvertrages mit Deutschland endgültig entschieden werden.
Elsass-Lothringen fiel wieder an Frankreich. Österreich wurde wieder
von Deutschland abgekoppelt, d. h. der völkerrechtliche Zustand vor
dem Anschluss wiederhergestellt, und für sich ebenfalls in vier
Besatzungszonen aufgeteilt.
Für Deutschland wurde ein gemeinsames Verwaltungsorgan, der
Alliierte Kontrollrat, gebildet, die Viersektorenstadt Berlin bekam
eine gemeinsame Stadtverwaltung aller vier Mächte, die Alliierte
Kommandantur. Der Wiederaufbau und die Bildung von Bundesländern und
demokratischen Parteien begannen. Im Oktober 1945 wurden die
Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse eingeleitet.
Die Besatzungsmächte gingen in ihren Zonen jeweils eigene Wege,
wobei die westlichen Mächte Großbritannien, Frankreich und USA im
Zuge des aufkommenden Ost-West-Konflikts tendenziell zunehmend gegen
die UdSSR zusammenarbeiteten.
1947 fanden einige Versuche einer Einigung über die Zukunft
Gesamtdeutschlands statt, die allerdings an der starren Front
ostdeutscher Ministerpräsidenten scheiterten, die zuerst gemeinsame
Wahlen gefordert hatten – allerdings wohl im Sinne der SED. Fortan
waren die Westmächte bestrebt, einen eigenen westdeutschen Staat in
ihren Zonen aufzubauen.
In der sowjetischen Besatzungszone Ostdeutschlands (SBZ) wurden sehr
bald die Weichen für den Sozialismus gestellt. SPD und KPD wurden
zur SED zwangsvereinigt und Schlüsselstellen mit Kommunisten
besetzt. Mit der Deutschen Wirtschaftskommission wurde 1947 ein
vorstaatliches Organ geschaffen, das bald Kompetenzen zur Steuerung
der Wirtschaft erhielt.
Die britische und die US-amerikanische Zone schlossen sich Anfang
1947 zur Bizone zusammen (die formelle Erweiterung dieser mit der
französischen zur Trizone sollte dann erst im April 1949 erfolgen).
Im Jahr 1947 begann mit dem Marshallplan der Wiederaufbau, der Osten
musste diese Hilfen auf sowjetischen Druck jedoch ablehnen. Mit dem
Wirtschaftsrat wurde ebenfalls ein vorstaatliches Organ geschaffen.
Am 20. Juni 1948 fand in den Westzonen auf Betreiben der westlichen
Alliierten eine Währungsreform statt. Sie bildete die Grundlage für
das spätere Wirtschaftswunder. In der SBZ wurde im Gegenzug eine
eigene Währung eingeführt. Am 24. Juni führten die Westmächte die
Westmark auch in West-Berlin ein, die Sowjets antworteten darauf mit
der Berliner Blockade. Der Westteil der Stadt wurde fast ein Jahr
lang von den USA und Großbritannien über die Berliner Luftbrücke mit
den notwendigsten Gütern versorgt. Die Sowjets hoben im Mai 1949 die
Blockade wieder auf. Berlin blieb aber im Mittelpunkt der Politik
der Siegermächte.
Am 20. März 1948 verließen die Sowjets aus Protest gegen die
Londoner Sechsmächtekonferenz den Alliierten Kontrollrat. Am 1. Juli
1948 übergaben die Westmächte den Ministerpräsidenten der Westzonen
die Frankfurter Dokumente, eine Aufforderung zur Bildung einer
verfassunggebenden Versammlung. Auf der so genannten
Rittersturz-Konferenz im Juli 1948 wurde die Gründung einer
Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Auf dem Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee beriet ein
Sachverständigenausschuss für Verfassungsfragen die Grundlage für
die Arbeit des Parlamentarischen Rates. Dieser trat am 1. September
in Bonn zusammen und erarbeitete dort das Grundgesetz. Nachdem
dieses von allen Ländern außer Bayern angenommen und von den
Westmächten genehmigt wurde, wurde es am 23. Mai 1949 verkündet.
Damit war die Bundesrepublik Deutschland gegründet.
Ende Mai 1949 fand in der SBZ der dritte Deutsche Volkskongress
statt. Die Mitglieder wählten den Zweiten Deutschen Volksrat als
ständiges Organ. Der Volkskongress nahm die Verfassung für eine
Deutsche Demokratische Republik einstimmig an. Am 7. Oktober wurde
die DDR gegründet. Die Deutsche Teilung war damit ein Faktum der
Geschichte.
NACH OBEN
Bundesrepublik Deutschland (1949–1990)
Am 14. August 1949 fanden die Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag
statt, die CDU/CSU wurde stärkste Fraktion. Konrad Adenauer wurde
Mitte September zum Bundeskanzler, Theodor Heuss zum
Bundespräsidenten gewählt. Im November wurde das Petersberger
Abkommen geschlossen. Am 16. Januar 1950 wurde die
Lebensmittelrationierung abgeschafft.
Andere Erblasten aus der Zeit des Nationalsozialismus erwiesen sich
als bedeutend langwieriger (siehe Vergangenheitsbewältigung).
Die Regierung Adenauers forcierte die Westintegration, die
Wiederbewaffnung und schuf, begünstigt durch den Marshall-Plan der
USA, die politischen Rahmenbedingungen für das Wirtschaftswunder der
Bundesrepublik. Sie erhob den Alleinvertretungsanspruch für
Deutschland, und brach die Beziehungen mit Ländern ab, die die DDR
anerkannten (vgl. Hallstein-Doktrin). Trotzdem unterzeichnete sie
1955 einen Vertrag mit der Sowjetunion, damit die letzten deutschen
Kriegsgefangenen heimkehren konnten. Ebenfalls 1955 trat der
Deutschlandvertrag in Kraft, der das Besatzungsstatut beendete – die
Alliierten behielten sich aber ein Vorbehaltsrecht, was Deutschland
als Ganzes sowie den Status um Berlin betraf und erst mit dem „Zwei-plus-Vier-Vertrag“
1990 aufgehoben wurde.
Die BR Deutschland trat der NATO bei und die Bundeswehr wurde gegen
den Widerstand einer aufkeimenden Friedensbewegung, der „Ohne
Mich-Bewegung“, gegründet.
Die Bundesrepublik war 1952 Mitbegründerin der Montanunion, der
Vorläuferin der EG. 1951 wurden der rechtsextremistischen SRP und
1956 der kommunistischen KPD, die als kleine Fraktion noch bis 1953
im Bundestag vertreten gewesen war, vom Bundesverfassungsgericht
Parteiverbote ausgesprochen.
1957 wurde das Saarland wieder Teil der Bundesrepublik. Im März
begründeten die Römischen Verträge die EWG. Im November 1959 wandte
sich die SPD mit dem Godesberger Programm endgültig vom Marxismus
ab. 1959 wurde Heinrich Lübke Nachfolger von Theodor Heuss als
Bundespräsident.
Bis zum Bau der Berliner Mauer 1961 kamen Hunderttausende
Flüchtlinge aus der DDR in den Westen Deutschlands. Im Zuge des
Aufbaus und der Vollbeschäftigung während des so genannten
Wirtschaftswunders wurden zunehmend Gastarbeiter, vor allem aus
Südeuropa, angeworben.
Im Oktober 1962 musste infolge der Spiegel-Affäre
Verteidigungsminister Franz Josef Strauß zurücktreten. Im Januar
1963 wurde der Elysée-Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich
unterzeichnet, mit dem eine grundlegende Aussöhnungspolitik mit dem
ehemals als historischen „Erzfeind“ Deutschlands bezeichneten Staat
wurde. Am 15. Oktober trat Adenauer als Bundeskanzler zurück.
Nachfolger wurde der so genannte Vater des Wirtschaftswunders Ludwig
Erhard. Er trat bereits Ende 1966 zurück. Nun bildete Kurt Georg
Kiesinger eine Große Koalition aus CDU/CSU und SPD Willy Brandt als
Bundesminister des Auswärtigen und Vizekanzler. Diese wurde nur als
Überganglösung verstanden, jedoch erzielten sie Erfolge in der
Wirtschafts- und Innenpolitik.
1968 wurden die Notstandsgesetze beschlossen. Die unzureichende
Verarbeitung der NS-Vergangenheit, der Bildungsnotstand, der Protest
gegen den Vietnamkrieg, die Hippiebewegung und die als veraltet
empfundene Gesellschaftsordnung hatten den Widerstand der
studentischen Jugend mit sich gebracht. Durch deren Einfluss
veränderten sich darauf Alltagskultur und politisches Leben im
Westen Deutschlands erheblich.
Im März 1969 wurde Gustav Heinemann Bundespräsident. Im September
kam es nach der Bundestagswahl zu einem Machtwechsel. SPD und FDP
bildeten die Sozialliberale Koalition unter Bundeskanzler Willy
Brandt. Diese Regierung betrieb eine neue Ostpolitik der Annäherung
an die Ostblockstaaten, die beim Kniefall von Warschau am 7.
Dezember 1970, einen international beachteten symbolischen Ausdruck
fand. Brandts Ostpolitik wurde vor allem innenpolitisch anfangs
heftig kritisiert, sodass die CDU 1972 sogar ein konstruktives
Misstrauensvotum versuchte, nachdem Abgeordnete aus SPD und FDP zur
CDU/CSU überwechselten und die Koalition die Mehrheit im Bundestag
verlor.
1970 schloss die Bundesrepublik mit Polen den Warschauer Vertrag:
Auf die Gebiete östlich der DDR erhob sie nun offiziell keine
Ansprüche mehr und sprach sie faktisch Polen zu, auch wenn dies
formalrechtlich erst durch die Zustimmung der Alliierten 1990
geschah. Die DDR hatte bereits mit dem Görlitzer Abkommen 1950 die
Oder-Neiße-Linie als so genannte „Friedensgrenze“ anerkannt.
Die Innenpolitik prägten die Liberalisierung des Rechtssystems, der
Ausbau des sozialen Netzes und Reformen des Bildungswesens. Im
Herbst 1973 wurde auch die Bundesrepublik Deutschland von der
Ölkrise getroffen, das Wirtschaftswunder war endgültig vorbei. Am 6.
Mai 1974 trat Brandt im Zuge der Guillaume-Affäre zurück.
Helmut Schmidt wurde Bundeskanzler, Walter Scheel Bundespräsident.
Die Ostpolitik wurde fortgesetzt, schließlich kam es 1975 durch die
KSZE zu einem Fortschreiten der Entspannungspolitik.
Innenpolitisch musste sich der Staat mit dem Problem des
Linksterrorismus der RAF auseinandersetzen. Dieser erreichte im
Deutschen Herbst 1977 mit der Entführung und Ermordung des
Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer seinen Höhepunkt. Aber
auch die wachsende Umwelt- und Friedensbewegung waren Schwerpunkte
dieser Zeit (vgl. auch Neue soziale Bewegungen). 1979 wurde Karl
Carstens Bundespräsident.
Aufgrund wachsender Spannungen kam es im September 1982 zum Bruch
der SPD/FDP-Koalition. Am 1. Oktober 1982 wurde Helmut Kohl durch
ein konstruktives Misstrauensvotum Bundeskanzler. Die neue
CDU/CSU-FDP-Regierung wurde durch die Bundestagswahlen 1983
bestätigt. Die Grünen zogen bei dieser Wahl als Vertreter der „Neuen
sozialen Bewegungen“ erstmals in den Deutschen Bundestag ein und
erlangten parlamentarisches Gewicht, nachdem deren Anhänger als
außerparlamentarische Opposition viele Jahre lang in
unterschiedlichen Zusammenhängen aktiv gewesen waren (vgl.
Frauenbewegung, Neue Linke, Atomkraftgegner, K-Gruppen,
Friedensbewegung u. a.).
1984 wurde Richard von Weizsäcker Bundespräsident. Anfang 1984
startete das Privatfernsehen in Deutschland, ebenfalls 1984 kam es
zur Flick-Affäre und der Frage, ob die Republik käuflich sei. 1986
erschütterte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl Europa. Im
selben Jahr wurde die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet,
die eine erste größere Reform der EG mit sich brachte und ein
wichtiger Schritt zur Europäischen Union war. Im September 1987
besuchte mit Erich Honecker erstmals ein DDR-Staats- und Parteichef
die Bundesrepublik.
Nach der friedlichen Revolution in der DDR und der Zustimmung der
Siegermächte und beider deutscher Parlamente kam es am 3. Oktober
1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands.
Die Deutsche Demokratische Republik (1949–1990)
In der neu geschaffene Volkskammer wurde Wilhelm Pieck zum
Staatspräsidenten und Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten
gewählt. Bis 1971 übte der Generalsekretär der SED, Walter Ulbricht
die entscheidende Macht in der Deutschen Demokratischen Republik
aus. Die Hauptstadt war Ostberlin.
Im Februar 1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit
gegründet. Im Juli wurde die Oder-Neiße-Linie als polnische
Westgrenze vertraglich vereinbart. Am 15. Oktober fanden die ersten
Volkskammerwahlen statt. Es wurde über eine Einheitsliste gewählt,
die nach offiziellen Angaben 99,3 Prozent der Stimmen erhält. Die
Wahlpraxis der Einheitsliste bestand bis 1989.
Am 1. Januar 1951 begann der erste Fünfjahresplan. Im Frühjahr 1952
wurde in Deutschland über die Stalin-Note debattiert, sie wurde
schließlich vom Westen abgelehnt. Ende April wurden die ersten
Volkseigenen Betriebe (VEB) gebildet und Anfang Juni die erste LPG.
Im Mai 1953 beschloss die SED eine Erhöhung der Arbeitsnormen. Es
regte sich Widerstand. Das Politbüro der SED übte Selbstkritik und
verkündete einen Neuen Kurs. Am 17. Juni kam es zum Volksaufstand,
der mit Hilfe sowjetischer Truppen niedergeschlagen wurde.
In den Jahren von 1949 bis 1961 hatten etwa drei Millionen Menschen
die DDR verlassen. Um ein weiteres Ausbluten zu verhindern, riegelte
die DDR am 13. August 1961 die Grenze zu Berlin (West) durch die
Errichtung der Berliner Mauer ab.
Anfang der 1970er kam es zu einer Annäherung zwischen DDR und
Bundesrepublik, maßgeblich durch Bundeskanzler Willy Brandt
initiiert. Die Gespräche zwischen beiden Staaten führten zum
Grundlagenvertrag im Jahr 1973. Im Mai 1971 wurde Walter Ulbricht
entmachtet, sein Nachfolger als Erster Sekretär der SED wurde Erich
Honecker.
Die DDR und die Bundesrepublik wurden 1973 Mitglied der UNO. Im Mai
1974 wurden die ständigen Vertretungen der beiden deutschen Staaten
in Bonn und Ostberlin errichtet. Im Ergebnis der KSZE wurde am 1.
August 1975 auch von beiden Staaten die Schlussakte von Helsinki
unterzeichnet.
1983 erhielt, durch Vermittlung von Bayerns Ministerpräsident Franz
Josef Strauß, die DDR einen Milliardenkredit aus der Bundesrepublik,
der ihre Stabilität sichern sollte. Im September 1987 kam es zum
ersten Staatsbesuch Erich Honeckers in der Bundesrepublik.
Im Sommer und Herbst 1989 flohen immer mehr Bürger der DDR über
Ungarn, das am 2. Mai seine Grenze zu Österreich öffnete. Ab dem 11.
September konnten DDR-Bürger auch über bundesdeutsche Botschaften in
osteuropäischen Staaten ausreisen.
Die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage und die enttäuschten
Hoffnungen auf freiheitliche Veränderungen führten im Rahmen der
Friedensgebete der Evangelischen Kirche zu Protestdemonstrationen,
die sich, vor allem in Leipzig, sehr schnell zu friedlichen
Großdemonstrationen ausweiteten.
Am 18. Oktober trat Honecker zurück. Wenige Tage später folgte ihm
die gesamte DDR-Regierung. Am 9. November wurde die Berliner Mauer
geöffnet. Die friedlichen Proteste in Form der
Montagsdemonstrationen durch die DDR-Bevölkerung führten schließlich
zum Sturz des SED-Regimes.
Am 3. Oktober 1990 wurde, gemäß Einigungsvertrag, der Beitritt der
Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23
vollzogen.
NACH OBEN
Bundesrepublik Deutschland seit 1990
Nach der Wiedervereinigung fanden im Dezember 1990 erstmals
gesamtdeutsche Bundestagswahlen statt. Helmut Kohl blieb
Bundeskanzler und wurde erneut 1994 wiedergewählt. Das
Zusammenwachsen der beiden Landesteile, das Umsetzen fälliger
Reformen in zahlreichen Bereichen und das Zusammenwachsen der
europäischen Staaten sind Hauptthemen im heutigen Deutschland.
Die Truppen der Vier Mächte verließen weitgehend das Land, die noch
verbliebenen Militäreinheiten der Westalliierten haben keinerlei
Hoheitsbefugnisse mehr und unterliegen dem NATO-Truppenstatut. Seit
dem Inkrafttreten des Zwei-Plus-Vier-Vertrages am 15. März 1991 ist
Deutschland auch völkerrechtlich ein in seinen „alten Rechten und
Pflichten“ bestehender souveräner Staat. Trotzdem sind heutzutage
noch nicht alle Reste der Kriegsfolgen beseitigt, wenngleich
mittlerweile obsolet: Artikel 53 und 107 der UNO-Charta (die
sogenannte „UN-Feindstaatenklausel“)[1] erlauben ohne Beschlüsse des
Sicherheitsrates Zwangsmaßnahmen gegen solche Staaten, die im
Zweiten Weltkrieg gegen einen der Unterzeichnerstaaten der Charta
Krieg führten und erneut den Frieden bedrohen.
Im Rahmen der Wiedervereinigung verpflichtete sich Deutschland zur
Abrüstung auf zukünftig maximal 370.000 Soldaten. Territorial
erkannte die Bundesrepublik im November 1990 endgültig die
Oder-Neiße-Linie als völkerrechtlich verbindliche Grenze zu Polen an
(siehe Oder-Neiße-Linie). Später (Januar 1997) folgten Deklarationen
zur Aussöhnung mit der Tschechischen Republik.
Mit knapper Mehrheit (338 zu 320 Stimmen) beschloss der Bundestag am
20. Juni 1991, Bonn als Regierungssitz aufzugeben und Regierung und
Parlament nach Berlin zu verlegen. Neben der Hauptstadt Berlin ist
die Bundesstadt Bonn mit der Mehrzahl der Ministeriumsbeschäftigten
und zahlreichen Bundesinstitutionen sowie Dienstsitzen von vier
Verfassungsorganen zweites politisches Machtzentrum Deutschlands. Es
existieren jedoch auch in anderen Städten Bundesbehörden. Der neue
Sitz des Deutschen Bundestags ist das von Grund auf renovierte
Reichstagsgebäude in Berlin, in dem erstmalig am 19. April 1999 eine
Sitzung stattfand. Bereits früher (bis in die 1970er Jahren) tagte
dort das Plenum und einige Ausschüsse, auch der Bundespräsident
wurde dort gewählt. Seit September 1999 ist die Bundesregierung
endgültig in Berlin angesiedelt.
In den neuen Bundesländern wurde die Infrastruktur enorm verbessert
und einige Regionen haben sich gut entwickelt. Trotzdem waren die
1990er Jahre nach einem kurzen Boom der Wiedervereinigung von
wirtschaftlicher Stagnation, Massenarbeitlosigkeit und Reformstau
geprägt. Mehrere Reformvorhaben der Bundesregierung scheiterten an
der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat (sogenannte „Blockade“). Vor
allem im Osten entwickelte sich die Wirtschaft nicht wie erhofft und
angekündet und die Arbeitslosigkeit ist deutlich höher als im
Westen. Dies hat auch zur Folge, dass gerade viele junge Menschen in
den Westen ziehen. Es gibt verstärkt rechtsextreme Tendenzen. Die in
„Partei des Demokratischen Sozialismus“ umbenannte SED und heutige
Die Linke, ist faktisch gleichstark mit SPD und CDU.
Mit der Unterzeichnung des Vertrages über dei Europäische Union 1992
wurde die EG in die EU überführt, die deutlich größere Kompetenzen
hat. Der Vertrag sah auch die Einführung einer gemeinsamen Währung
(Euro) vor und führte zu einer Änderung des Grundgesetzes, wobei
auch das Ziel eines Vereinten Europas festgeschrieben wurde.
Bundeskanzler Kohl setzte sich auch für die EU-Osterweiterung ein.
Als die Bundesrepublik Jugoslawien 1991 zu zerfallen begann, war
Deutschland eines der Länder, welches die Anerkennung der
Unabhängigkeit von Kroatien und Slowenien durch die westlichen
Staaten massiv unterstützte. Eine direkte Teilnahme am Zweiten
Golfkrieg zur Befreiung Kuwaits lehnte die Bundesregierung mit Blick
auf die historische Last ab. Stattdessen leistete Deutschland
finanzielle Unterstützung und ersetzte Marineeinheiten der
NATO-Partner im Mittelmeer. Nach Beendigung der Kämpfe half ein
Verband der Bundesmarine bei der Räumung von Seeminen im Persischen
Golf.
1994 wurde Roman Herzog Nachfolger von Richard von Weizsäcker als
Bundespräsident. Er wurde 1999 von Johannes Rau und dieser 2004 von
Horst Köhler abgelöst.
In den letzten Jahren wurde immer wieder der Ruf nach einem
ständigen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat laut, was im Ausland
zunächst kritisch betrachtet, und im Zuge der Verschlechterung des
diplomatischen Verhältnisses zu den USA zunehmend unrealistisch
wurde. Nach der Wiedervereinigung beteiligte sich die Bundeswehr
auch erstmals an „Out-of-area“-Einsätzen.
Bei der Bundestagswahl 1998 wurde die CDU/CSU-FDP-Koalition unter
Kohl vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder
abgelöst. Ursache war auch der Reformstau. Dies war die erste echte
Abwahl einer deutschen Bundesregierung, vorangegangene Machtwechsel
waren immer ein Wechsel des Koalitionspartners.
Die neue Bundesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen ging
Reformvorhaben an, diese wurden jedoch zumeist so weit entschärft,
dass ihre Wirkung sehr umstritten ist. Nachdem 2000 mit der
Versteigerung der UMTS-Lizenzen viel Geld in die Staatskasse gespült
wurde, stieg die Verschuldung in den folgenden Jahren aufgrund einer
Wirtschaftskrise wieder.
Die Regierung setzte auch erste Ansätze für richtungsweisende
Veränderungen in der Sozial-, Renten- und Gesundheitspolitik (siehe
Agenda 2010) durch. Mittels der Einnahmen aus der umstrittenen
Ökosteuer gelang es, die Lohnnebenkosten
(Rentenversicherungsbeiträge) zu reduzieren. Allgemein wurde das
Thema Ökologie stärker gewichtet, beispielsweise mit dem Beginn des
Atomausstiegs oder Gesetzesinitiativen zur Reduzierung von
Treibhausgasen. Im Rahmen der schon in den 1990er Jahren
zugenommenen Öffnung des Weltmarkts, der sogenannten Globalisierung,
verlagerten vor allem größere Unternehmen Produktionskapazitäten in
sogenannte Billiglohnländer, so dass das Phänomen
Massenarbeitslosigkeit bestehen blieb. Andere Reformen der
rot-grünen Regierung waren etwa das Lebenspartnerschaftsgesetz, das
neue Staatsbürgerschaftsrecht oder und das Gewaltschutzgesetz.
Während Schröder für einige Bundesratsabstimmungen CDU-regierte
Länder durch Zugeständnisse dazu bewegen konnte, im Sinne der
Bundesregierung abzustimmen, scheiterten andere Reformvorhaben von
Rot-Grün, wie das Verbraucherinformationsgesetz, an der
CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat.
Am 1. Januar 2002 wurde der Euro zum offiziellen Zahlungsmittel in
Deutschland. Durch die Bundestagswahl 2002 wurde die Koalition
bestätigt, wenn auch nur denkbar knapp. Im August 2002 verursachte
die Jahrhundertflut an Elbe und Donau erhebliche Schäden. Im Herbst
2004 wurde der Vertrag über eine Verfassung für Europa unterzeichnet
und es gab gegen das parteiübergreifend verabschiedete Hartz-Konzept,
das zum 1. Januar 2005 umgesetzt wurde, große Proteste. Durch die
damit verbundene Neuordnung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und
die Einbeziehung der Sozialhilfeempfänger in die
Arbeitslosenstatistik stieg Anfang des Jahres die Zahl der offiziell
Arbeitslosen auf über fünf Millionen.
Seit den Terroranschlägen in den USA am 11. September 2001 sieht
sich die Bundesrepublik Deutschland neuen innen- und
außenpolitischen Herausforderungen gegenüber. Nach dem Krieg der USA
gegen Afghanistan 2002 sind Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan
stationiert.
Außenpolitisches Aufsehen erregte Deutschland im Jahre 2003 während
des Irakkrieges, an dem sich Deutschland nicht mit Kriegseinsätzen
beteiligte. Dies führte zu Konflikten vor allem mit den USA, aber zu
großen Sympathiebekundungen der deutschen Bevölkerung gegenüber
Schröder, der als Friedenskanzler charakterisiert wurde.
Unmittelbar nach der für die Sozialdemokraten verlorenen
Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005 – der auch zu einem
Regierungswechsel im Düsseldorfer Landtag und einer
Machtverschiebung im Bundesrat zugunsten der konservativ-liberalen
Opposition führte – kündigte der damalige SPD-Parteivorsitzende
Franz Müntefering und Bundeskanzler Gerhard Schröder überraschend
Neuwahlen für den Herbst 2005 an. Schröder stellte somit am 1. Juli.
2005 im Bundestag die Vertrauensfrage mit dem Ziel, diese
absichtlich zu verlieren. Bundespräsident Horst Köhler löste dann am
21. Juli. 2005 den Bundestag auf und so kamen Neuwahlen, die durch
das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vertrauensfrage 2005
nicht als verfassungswidrig befunden wurden. Bei der folgenden
Bundestagswahl erreichte die Regierungskoalition aus SPD und Bündnis
90/Die Grünen keine eigene parlamentarische Mehrheit mehr, es kam
nach wochenlangen Koalitionsverhandlungen zur Bildung der zweiten
Großen Koalition in der bundesdeutschen Geschichte aus CDU/CSU und
SPD unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Die Regierungskoalition sah sich angesichts schleppenden
Wirtschaftswachstums und hoher Arbeitslosigkeit einem enormen
politischen Erwartungsdruck ausgesetzt. Das Kalkül der Koalitionäre
lag in der Hoffnung, eine breite parlamentarische Regierungsmehrheit
im Deutschen Bundestag und Bundesrat könne bedeutende Reformvorhaben
wie die Gesundheitsreform und die Föderalismusreform, die am 17.
Dezember 2004 an Meinungsverschiedenheiten über bildungspolitische
Kompetenzen gescheitert war, leichter realisieren.
Vom 9. Juni bis 9. Juli war die Bundesrepublik Gastgeberland der
Fußballweltmeisterschaft 2006. Vertreter aus Sport, Politik und
Wirtschaft formulierten im Vorfeld des Turniers große Erwartungen an
den Wettbewerb und betonten die auch kritisierte Forderung auf einen
Mentalitätswechsel im Selbstverständnis der Deutschen und eine
Profilierung als freundlicher Gastgeber.
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